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Auszeit von der Auszeit?

»Ich bin dann mal einige Tage off, hoffe aber, dass ihr mir dennoch treu bleibt!« - einfache Worte auf farbigem Untergrund. So stand es in der Instagram-Story. Nichts weltbewegendes, möchte man annehmen. Doch in den vergangenen Monaten lese ich diesen Status immer häufiger. Hobbykollegen sprechen offen darüber, dass sie eine Auszeit benötigen. Eine Auszeit vom Hobby? Ein Paradox? 

 

Ist ein Hobby nicht dafür da, dass es als Gegenpol zur täglichen Arbeit, zur Alltäglichkeit bildet? Ein Bereich, den man sich so einrichtet, um das maximale an Freude aus etwas zu generieren, das man gerne tut?

 

Aber immer öfter höre ich auch von Hobbykollegen, dass sie eine Auszeit benötigen. 

 

Ich mag das mal mit einem anderen Hobby vergleichen, das ich über Jahrzehnte - und ja bei Gelegenheit auch noch heut - betrieb: Modellbau und Modellbahn. Klingt doof, ist aber so. Egal wann oder wie, in jeder freien Sekunde wurde etwas für dieses Hobby getan. Als Entschleuniger des Alltags. Mal getüfftelt, mal gebaut, mal nur für eine Sekunde an der Landschaft etwas geändert. Und wenn es sehr gemütlich zugehen sollte, hat man einen (Zug) fahren lassen. Entschleunigung.

 

Bei der Fotografie kommt es mir vor, als wäre es ein Hobby, das viele von uns nicht entschleunigt, sonder beschleunigt. Ja, so schnell, dass es sie sogar aus der Kurve trägt. Warum denn? 

 

Weil Bilder generisch wurden. Inflationär ist die Anzahl derjenigen, die Fotos erstellen. Eine Kamera ist schnell gekauft und schon geht es los. Ab in die Sozialen Medien. Und dann fängt die Beschleunigung an. Follower, Likes, Posts und der Blick auf die anderen. 

 

Ich bin beruflich sehr stark mit den sozialen Medien beschäftigt. Seit Anfang an. Und ich muss eines sagen: Sie sind alles andere als sozial. Sie sind Gift - bei falscher Verwendung. Es geht nicht darum, tausende von Followern zu haben, Likes wie Sand am mehr. Und vor allem geht es nicht darum, jeden Tag ein neues Bild zu posten. Es geht nicht darum, so viele "Mädels" durchzuknipsen, wie nur geht. Es geht auch nicht darum, noch nackteres zu zeigen...

 

Sich diesem Trend zu verschließen ist schwer. Die meisten "Millionenaccounts" sind fake, bringen gar nichts. Vor allem nicht als Hobbyist. 100.000 Follower, 1000 Likes auf dem Bild? Genau schauen... Das Engagement, also der wirkliche Erfolg sieht ganz anders aus. Engagement: Wer interessiert sich wirklich für mich? Wer liked, kommentiert, folgt mir, schaut meine Bilder, verweilt auf meinem Profil... Nicht ohne Grund haben alle Social Media Anbieter ihre Reichweitenberechnung auf die Engagement Rate umgebaut. Wer eine Community aufbaut, also Kontakte pflegt, Verfolgern folgt, mit ihnen chattet, redet, kommentiert hat weit mehr als das bloße "ich hab 100000 Follower" - gut, es gibt verblendete Marketingtypen, die noch kostenlose Armbanduhren, Klamotten und sonstigen Schnickschack an solche "Influencer" abgeben. Aber wer bitte, influenced denn da wen? 10000 Follower und keiner guckt zu?

Aber zurück zum Thema: Ich denke der Wunsch einer Auszeit kommt daher, dass man sich nicht mehr auf das Fotografieren als solchiges konzentriert sondern auf den Nebeneffekt, die Medien. Eine kreative Pause, ja, die benötigt man immer mal - auch bei der Modellbahn - aber Hand aufs Herz: Kreative Pausen sind Pausen von der kreativen Arbeit, aber nicht vom Hobby selbst. Der Kopf ist immer bei der Sache, oder?

 

Was meint Ihr?

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Doerflerfoto (Montag, 04 März 2019 11:58)

    Du triffst den Nagel voll auf dem Kopf, toller Kommentar GLG

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