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Wasser predigen, Wein saufen

Das reale Leben und Social Media

Als Medienschaffender habe ich mir immer die Frage nach der Glaubwürdigkeit gestellt. Mir ist und war es immer wichtig, transparent zu sein, in dem was ich mache und in der Begründung, warum ich es tue. 

 

Nun ist mir das passiert, was ich nur von anderen hörte. Etwas, das man aus der Medienpsychologie her gut kennt, aber dass es auf mich zutreffen würde, habe ich nie gedacht. 

 

Von Anfang: Wie ihr alle wisst, bin ich einer derjenigen, die sich in der Corona-Krise vehement dafür eingesetzt haben, den Lockdown auch in der Fotografie einzuhalten. Social Distancing im Sinne von Vermeidung von nicht notwendigen sozialen Kontakten. Nicht für Berufsfotografen, wohlgemerkt, denn der Unterschied zwischen Hobby und Beruf liegt wohl in der Zweckmäßigkeit und in der Notwendigkeit des Zusammentreffens von mehreren Personen. 

 

Ich habe mir viel Kritik eingeheimst: Als Panikmacher und Schwarzseher wurde ich bezeichnet, als Opfer staatlicher Willkür. Viele haben mich entfolgt, weil ich Ihnen mit meinen (Zitat) 'ständig mahnenden Postings' den Spaß am Hobby verdorben habe. Nun gut, kann passieren. Einen Nerv hab ich wohl erwischt - wenn auch den falschen. 

 

Im Lauf der Pandemie habe ich immer gesagt, dass ich so lange keine Fototermine mehr mache, bis sich die Lage bessert. Ich habe mir parat gelegt, dass sobald der Passus der vermeidbaren Sozial-Kontakte aus den Pandemieverordnungen rausfällt, dass ich dann wieder loslege. 

 

Nach der ersten Welle haben wir es geschafft, die Infektionsraten auf knapp 200 pro Tag bundesweit zu senken. Eine Zeit in der ich wieder Hoffnung schöpfte, und genau beobachtete wie sich die Freiheiten in den Verordnungen niederschlagen. Und ja, ab Juli habe ich wieder Shootings gemacht. Von Juli bis Ende Oktober genau 2 Stück. Beide Outdoor, weniger als 2h und mit Maske und gehörigem Abstand. Mit befreundeten Modellen, von denen ich wusste, dass in ihrem Umgang keine Gefahr besteht. 

 

Und ja, ich habe dann wieder begonnen zu planen. Dachte, wenn die Zahlen weiter runtergehen, dann kann ich ja im November wieder shooten gehen. Ich habe Termine vereinbart. Einzelne, wenige in weiter Voraussicht. Allesamt mit den Worten: Vorausgesetzt die Fallzahlen nehmen nicht zu. 

 

Gestern kamen folgende Nachrichten: Stuttgart und Esslingen sind Risikogebiete, Böblingen und Ludwigsburg kurz davor. 

 

Das hat mich dazu bewogen ausgemachte Shootings zu canceln und welche die in weiterer Zukunft liegen zu optionieren, das heißt, den Models zu sagen, wenn sie den Termin anderweitig mit jemand anderem fest buchen können, sollen sie das tun, da ich nicht garantieren kann, dass das Shooting stattfinden wird. 

 

Das fanden alle prima - bedankten sich für die Offenheit. 

 

Ich habe mich dann entschlossen heut in meine Story einen Status zu posten der da heißt: "Aufgrund der Fallzahlen sage ich kommende Shootings ab". 

 

 

Was passiert: Ich werde von mir bereits als Freund eingeschätzten Follower entfolgt. Warum? Weil ich falsch sei. Denn, so die Schlussfolgerung: Wer keine Shootings macht, muss keine absagen. Enttäuscht sei er, weil ich anderes tue als ich sage. Wasser predigen, Wein saugen sozusagen. 

 

Sorry, das hatte ich nicht erwartet. Und es hat mich tief getroffen. Was ich nicht erwartet habe war, dass sich die Menschen über Social Media ihr eigenes Bild zusammenschustern. Sie sehen Fragmente und bauen sich ihre Wahrheit, wie sie passt. 

 

Leider ist das nicht die Wahrheit. Vor mir liegt ein Brief aus der Kardiologie. Mit einer Warnung. Er beschreibt, dass im Falle einer Infektion, mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen sei, dass der Verlauf der Krankheit schwer und mit hohen Risiken behaftet ist. Was ist nun falsch daran, wenn ich versuche, mein eigenes Risiko und mein Hobby in Einklang zu bringen? Vorsichtig, Schritt für Schritt. Ein zaghafter Versuch zurück in eine in der Ferne liegenden fotografischen Normalität? 

Ich habe immer transparent geschrieben und gehandelt. Aber Menschen bauen sich ihre eigene Realität und das vermehrt aus Bruchteilen aus Social Media, die man würfeln und stapeln kann wie man will. 

 

Kurz hier meine Corona Bilanz:

7. März bis Juli/August = 0 Shootings 
August - Oktober = 2 Shootings (Outdoor, Abstand, Maske)

Mitte Ende November/Dezember = geplant 2 Shootings (abgesagt)

In normalen Zeiten wären es pro Monat 4 bis 5 Shootings gewesen. 

 

tl|dr: Und wenn du zehnmal die Wahrheit schreibst und danach handelst, die Menschen behandeln dich so, wie sie es sich zurechtlegen. Und ja, ich shoote wieder - irgendwann - nur im Moment, macht mir die Natur das Leben schwer - auch die Natur des Menschen

 

 

 

 

 

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