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Fetisch oder was

Durch die Hintertür und durch die blume

Portrait-Shootings, bei denen Fetisch-Bilder entstehen sollen. Anfragen für den Aufnahmebereich Sensual, bei dem darum gebeten wird Sexspielzeug mitzubringen. Die Liste der Kuriositäten ist beliebig erweiterbar. Und unfassbar zugleich. Was sich manch ein 'Fotograf' herausnimmt, um junge weibliche Models vor die Kamera zu locken, ist bar jeder Beschreibung. Und wird mit unseriösen Honorarangeboten auch getoppt. Als Gegenleistung locken „leicht verdientes Taschengeld“ oder ein „Shooting deiner Wahl im Gegenwert von mehreren 100-Euro“, natürlich einzulösen beim Fotografen, der eben die Buchungsanfrage gesendet hat. 

Wolf im Schafspelz - wenn aus Blümchen plötzlich Dildos werden.

Okay, bringen wir eine Reihenfolge in die Geschichte. Ein weibliches Model erhält eine Anfrage eines Fotografen via Instagram. Er sei über einen anderen Fotografen und dessen Arbeiten auf das Fotomodel aufmerksam geworden und die Ausstrahlung wirke auf ihn sympathisch und er sei beeindruckt von Ihrer fotogenen Wirkung. Daher fragt er an, ob sich die junge Frau nicht vorstellen könne, Teil eines Projektes zu werden. Dafür benötige man keinerlei Erfahrung oder besondere Kenntnisse. Vom Outfit sei alles machbar vom Abendkleid bis hin zu Dessous. 

 

Ein anderes Hobbymodel bekommt eine Anfrage, ebenfalls über Instagram: Der Fotograf suche für den Aufnahmebereich Sensual ein neues Gesicht. Und das habe er soeben gefunden und fragt daher an, ob das Model an einem TfP-Termin interesse hätte. 

 

Der dritte beispielhafte Fall: Eine Anfrage für ein Schrottplatz-Shooting. Der anfragende Fotokünstler sucht nach einem jungen Mädel für eine Endzeit-Motiv Fotosession auf einem klassischen Autofriedhof. 

 

Soweit so gut. Spannende Anfragen. Könnte man doch direkt zusagen, oder? Nur noch Termin und los geht der Spaß. 

 

Falsch gedacht. In allen drei Fällen haben die Modelle Lunte gerochen und nochmals detaillierter nachgehakt. Klar, sagten alle drei Betroffenen, bei neuen Fotografen seien sie vorsichtig. Man könne ja nie wissen. Und bei allen dreien war es gut, dass sie genauer gefragt haben. So erfuhren sie, dass die eine Anfrage eine Produktion für kommerzielle Fetisch-Movies gewesen war - also Bezahlcontent auf einschlägigen Sex-/Pornographie-Seiten. Wohl beteuernd, dass man Fotografen, die ja nur das anbieten würden, für das man Geld verlangen könnte, nicht (vor)verurteilen dürfe. Schließlich seien es ja die armen Irren, die dem Fetisch frönen, die nicht mehr ganz sauber im Oberstübchen wären. An der Anfrage indes sieht der Fotograf nichts anstößiges. Auch nicht daran, dass er mit einem freien Fotoshooting das ganze entlohnen wollte. Auf die Frage, ob er sich überhaupt vorstellen könne, wie man sich als Frau denn so fühle, eine solche Anfrage zu erhalten, und das man ihm noch alles „aus der Nase ziehen“ müsse, darauf blieb die Antwort aus. Virtuelles Achselzucken.

 

Im zweiten Falle kam als Antwort auf die Frage, welches Outfit das Model denn mitbringen solle, um schöne Sensual-Aufnahmen schießen zu können: „Egal, ich hab Unterwäsche hier und viel brauchst du eh nicht. Bring aber gerne dein Sexspielzeug mit, damit der Gesichtsausdruck stimmt." Die Einstellung des Fotografen ist augenscheinlich: F*ck dich selbst vor meiner Kamera, sonst wird das nichts mit schönen Bildern. Krank. Mehr nicht. Im Übrigen war es auch der Fotograf, der - sofern das Vorgespräch nicht bereits auf das Spielzeug abzielte - sein eigenes Sortiment vor Ort anbot. Es ginge um den Gesichtsausdruck, wie gesagt. 

 

Der Typ mit dem Schrottplatz? Ja, nach Zusage des Models bat er eindringlich darum, keine Schuhe mitzubringen und Bilder der Füße zu schicken. Denn das Fotomodel solle barfuß über neue Autos gehen und dabei das Blech eindrücken, in die Türe treten und das Fahrzeug demolieren. Daher auch kurze Hose oder Rock, damit die Beine samt Fuß gut zur Geltung kommen. Es würden auch Videoaufnahmen gemacht, da Bewegtbild ebenfalls zum Projekt gehören würden.

 

Nochmals als Hinweis: Alle drei Fälle wurden mir von den betreffenden Modellen geschildert und der Chatverlauf zugesandt. 

Manipulation der übelsten Sorte

Man stellt sich die Frage: Kommen die damit durch? Und man muss sagen: Ja, denn es ist eine Methode. Ein klassische Manipulationsmethode. Ob diese absichtlich angewandt wird oder per Zufall - keine Ahnung. Aber es wird klassisch freundlich versucht eine Zusage einzuholen. Dann wird langsam mehr und mehr in diese Zusage hineingepackt. Das Model indes, je unerfahrener es ist, desto größer ist dieser Moment, gerät in eine Zwickmühle. Denn: Der Profi ist ja der Fotograf, er hat gefragt, sie hat Ja gesagt. Ein Nein würde jetzt den Fotografen enttäuschen, denn das Nein beruht ja auf einem Missverständnis des Models. 

 

Eine unfaire Kommunikation nennt sich das. Weil sich der Fotograf von Anbeginn auf eine sog. höhere Position begibt. Er schwafelt von "Projekten", von "Honoraren" und "Gegenleistungen" und wie "toll das Model" sei. Er gibt mit Absicht nicht sein gesamtes Wissen um das Projekt preis, tut aber so, als wäre er transparent. So bringt er das Model dazu, eine Zusage zu geben. 

 

Dann packt er eines nach dem anderen oben drauf. Ganz harmlos, alles nicht so schlimm: Barfuß ist doch nicht schlimm, professionelle Bilder brauchen Hilfsmittel, das machen alle so, am Fetisch sind nur die Betrachter krank... jedes Nein, des Models ist jetzt als Missverständnis auf Seiten des Models zu bewerten. Oder noch schlimmer: er stellt es so dar, als wäre das Model naiv und unerfahren. Und  sie möchte ja nicht als unzuverlässig gelten.

 

Und viele "Fotografen" dieser Kategorie spielen damit, dass sie erst vor Ort nach und nach die Karten auf den Tisch legen. So wird es noch schwerer für das Model aus der Sache herauszukommen. Denn sie müsste das Shooting abbrechen. Und bei  Abbruch des Fototermins könnte der Fotograf ein Ausfallhonorar verlangen. Und das geht nicht. 

 

Und wie das geht: Das geht ganz einfach. Jeder Mensch hat das Recht, sich selbst zu schützen und jederzeit ein Shooting abzubrechen. 

Butter bei die Fische und Karten auf den Tisch

Ich bin nicht prüde. Nicht verklemmt. Ich bin liberal und jeder soll nach seiner Façon glücklich werden. Und das gilt auch für Fotografen. Und ich kenne auch Fotografen, die Sujets fotografieren, die ich nie fotografieren würde. Aber die, die ich kenne sind Profis. Und die kommen nicht durch den Rücken, in die Brust, ins Auge. 

 

Die sagen was sie wollen. Denn von Anfang an ist es notwendig eine Basis zu schaffen - auf Augenhöhe. 

 

Und im Hobbybereich oder sagen wir im Semiprofessionellen Bereich ist es immens wichtig, diese Parität zu schaffen, denn sie schafft Vertrauen. Wenn das Model weiß, dass es drauf verlassen kann, was der Fotograf sagt, wenn sich der Fotograf auf das verlassen kann, was das Model sagt - dann funktioniert die Zusammenarbeit. 

 

Fazit: 
Fotografen - schreibt was ihr wollt und schwafelt nicht rum. Plant kein Akt und fragt nach Sensual. 

Modelle - hinterfragt Anfragen, die nicht eindeutig sagen, um was es geht. Lasst euch nicht auf Honorare ein, die keine sind. Achtet auf Verträge, in denen ein echtes Model-Release, echte Lizenzvereinbarungen und auch Aufnahmebereiche aufgenommen sind.  

 

Allgemein zu Honorar: Sobald als Honorar lockt „Aussicht auf häufigere Buchungen“ oder „Gutschein für Folgeshootings“  – vergesst es. 



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Kommentare: 3
  • #1

    Dein Feierabend-Leser (Mittwoch, 30 Juni 2021 19:26)

    schöner Artikel zu einem unschönem Thema ...
    Lässt mich ehrlich fassungslos zurück, dass es sowas in der Realität gibt.
    Ich bin ja (bisher) eher im Naturbereich unterwegs und kenne solche Situationen eher weniger. Allerdings taste ich mich gerade an People ran und .... es ist echt schwer (als Neuling) Models zu finden. Also welche, die mit einem "Anfänger" Bilder machen wollen.
    Wenn ich sowas hier lese, dann verstehe ich die Skepsis..

    Allerdings sind wir Anfänger doch genau genommen die wesentlich authentischeren.
    Wir wollen nur spielen und sind mit den "normalen" Portraits absolut zufrieden :)

    Danke für Deinen Artikel!

    Lieben Gruß aus Rheinhessen

  • #2

    ich nochmal... (Mittwoch, 30 Juni 2021 19:28)

    ich wollt schon immer mal

    #1

    sein :D

  • #3

    Claus (Donnerstag, 01 Juli 2021 10:10)

    @dein Feierabend-Leser

    Vielen dank für deinen Kommentar und ja, genau daraus ergibt sich ein ganz komischer Teufelskreis, der gerade für Neulinge schwer zu durchbrechen ist

    Danke fürs Lesen und das Feedback

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