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No-Go und Kommunikation

Manipulation oder Misskommunikation?

Ein sehr guter Instagram-Story-Beitrag eines wunderbaren Fotografen hat mich zum Nachdenken bewegt. Es geht um das immer wieder auftauchende Thema: Fotografie und Kommunikation. Nicht die non-verbale Kommunikation des Bildes, sondern der Austausch zwischen Fotograf und Model. 

Er antwortete dabei auf eine Frage eines Models, das wissen wollte, was für ihn No-Gos von Seiten der Models seien. 

Schein-Anglizisimen in der Fotografie

Immer wieder hört man von sogenannten No-Gos. Was damit gemeint ist, sind Tabu-Brüche, unangemessenes, negatives, gar schädliches Verhalten. Wieder so ein Wort (ähnl. wie Shooting), das groß und weltmännisch Englisch klingt, aber zweckentfremdet wurde. Denn im Englischen wird das Wort nicht als Substantiv verwendet sondern als Adjektiv und Attribut. Also im Sinne von "This is no-go" (Das funktioniert nicht) oder als No-go-Area (ein Gebiet, das nicht betreten werden darf.) Ursprünglich kommt die Wendung aus der Raumfahrt, wenn der Astronaut alles Systeme prüft und mit der Freigabe (dem "Go") das Kommando zum Start gibt. Ein No-Go heißt dann: Systeme nicht fertig. 

Die These, des Kollegen:  „Viele No-Gos sind Miskommunikation.“

Die Frage des Models beantwortet der Fotografen-Kollege mit einer These. Der zufolge seien viele No-Gos eigentlich keine wirklichen Tabu-Brüche sondern Folge einer ungeschickten, gar missglückten Kommunikation.

 

So wären Abbrüche bei Fotosessions oder das spätere Entziehen der Einwilligung von Veröffentlichungen von Bildern ein No-Go (aus der Sicht des Fotografen), das sich durch bessere Kommunikation vermeiden hätte lassen. Der Fehler, so der Autor weiter, wäre eine nicht gründliche Vorabsprache beispielsweise des Fotografiebereichs, der Location und der beteiligten Personen. 

 

Ich sag es mal so: Da ist nichts falsches dran, doch macht es mich nachdenklich. Denn wird das umgekehrt gelesen, kann es falsch interpretiert werden. Dann würde es ja bedeuten: Wenn alles en-detail geklärt wurde, dann wären solche Abbrüche absolute Tabu-Verstöße. Das kann aber nicht sein.

 

 

Denn für mein Dafürhalten, ist das Abbrechen eines Shootings sowie die Rücknahme der Einwilligung zur Veröffentlichung bzw. Verwendung von Bildmaterial ein (im TfP-Bereich) nicht abtretbares Persönlichkeitsrecht. Zu jeder Zeit, kann, darf und soll ein Model eine Fotosession abbrechen können. Ganz egal, was vorher besprochen wurde. Denn es ist sein grundeigenes Recht. Ärgerlich? Ja, das ist es. Aber auch der Fotograf hat dieses Recht. Und ja, ich hab es auch schon angewandt. 

Kommunikation ist das Maß aller Dinge

Wohlan teile ich die Meinung des Foto-Kollegen komplett, nur muss in der großen Gemeinde der selbsternannten Fotografen da draußen in den Weiten des Internets mit größter Sorgfalt vorgegangen werden. Denn mancher und manches wird verdreht, falsch angewandt und schadet letztlich der Kunst der Fotografie. 

 

Wie habe ich es auf einem der Foto-Treffs von einem dieser Ich-leg-mir-alles-so-aus-wie-ich-wills gehört: „Klar kann sie eine Begleitperson mitbringen. Für jede Begleitung hab ich auch jemand, den ich mitbringe. Mal sehen, ob sie bei so vielen Zuschauern, dann auch noch jemanden mitbringen will?“

 

Eine Aussage, die zum k**tzen ist, wohl wahr. Aber zeigt, wie manche ticken. 

 

Gerade im Bereich der People-Fotografie, dort wo man Menschen ablichtet, wo diese das Innerste von sich preisgeben, die Person das Motiv, ja das Bild ausmacht, ist die Kommunikation das Wichtigste. Und zwar die erfolgreiche Kommunikation auf der gleichen Ebene. 

 

Missverständnisse oder gar beabsichtigte Unkenntnisse sind hier fehlt am Platze und zerstören das so dringend benötigte Verständnis von Model und Fotograf. 

 

Es ist wie Paul Watzlawick sagte, nicht möglich nicht zu kommunizieren und so denke ich, gibt es viele unter den sog. Fotografen da draußen, die mit Absicht nicht alles sagen, ansprechen, sondern mit Überrumpeln versuchen an ihr Ziel zu kommen. Oder nennen wir es nicht 'Überrumpeln' sondern Manipulieren. 

 

Manipulation mit böser Absicht

Das Weglassen von Informationen kann - wenn es beabsichtigt wurde - eine böse Manipulation sein. Beispiel? Der Fotograf, der in der Vorbesprechung von Dessous/Boudoir spricht und dann während des Shootings versucht, das ganze in Richtung Teilakt/Akt zu manipulieren.  Sätze wie: „Ist doch egal ob BH oder nicht...“ sind hier grob fahrlässig. Die Absicht ist das Überrümpeln 

 

Eine offene Kommunikation, die sagt, was geplant, was entwickelt werden soll, endet nicht am Set. So ist es durchaus möglich während der Fotosession eine Idee weiterzuentwickeln. Keine Frage. Aber beidseitig, nie einseitig. 

 

ich habe da schon vieles gehört: auf einmal kommen einschlägige Spielzeuge ins Spiel, Alkohol und mitgebrachte Dessous und Wäsche von denen vorher nie gesprochen wurde. 

 

Jedem Model kann ich nur raten: auch während des Shootings kann man Nein-sagen.

 

Und genau solche Situationen sind es, die einen Notaus benötigen. Und ein "Nein" ist nie ein No-go. Auch wenn vorher vermeintlich gesprochen wurde, was man denn umsetzen will. Wie oft hab ich die Geschichte gehört, in denen die Modelle vom schlechten Gewissen berichteten, das ihnen eingeredet wurde: „Aber wir haben doch darüber geredet, das wir das machen wollen, das versteh ich unter sensual und nun willst du nicht mehr?"

 

 

Sprecht alles an, egal wann, egal wie und egal wie tief


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