Ist es okay, wenn das Model ungefragt an Bildern des Fotografen rumpfuscht?
Ein Fotograf macht Portraits, das Model willigt ein und bearbeitet die Fotos nachträglich ohne Rückfrage.
Vorgeschichte: Ein Fotograf triff sich mit einem Model zur TfP-Fotosession. Beide sind sich bewusst, was TfP bedeutet und legen auch gleich los. Mündlich wird vereinbart, dass ein Auswahl der entstandenen Fotografien vom Fotografen bearbeitet (also entwickelt) werden und das Model diese verwenden darf. Auch wurde mündlich darauf hingewiesen, dass eine Bearbeitung der Fotos von Seiten des Models ohne Rückfrage und vor allem Freigabe des Fotografen nicht statthaft sei.
Und was passiert: Vom Model bearbeitete (meist mit einem Filter überzogene) Arbeiten tauchen in den sozialen Medien auf. Hinweise auf die nicht gestattete Manipulation werden ignoriert, der Fotograf geblockt.
Ist das rechlich okay? Nein, denn wenn ein Model Bildmaterial verwendet, das ein Fotograf erstellt hat, ohne dessen Zustimmung, und dieses Bildmaterial sogar noch nachträglich bearbeitet, kann dies zu einer rechtlich problematischen Situation führen. Zwar hat das Model Persönlichkeitsrechte am eigenen Bild – denn es zeigt ja die eigene Person – aber das Urheberrecht am Bildwerk liegt beim Fotografen.
Urheberrecht vs. Persönlichkeitsrecht: Wer hat welche Rechte an den Bildern?
Nach deutschem Recht gelten zwei wesentliche Grundsätze, die bei der Nutzung von Bildmaterial zu berücksichtigen sind:
1. Das Urheberrecht des Fotografen: Ein Fotograf hat grundsätzlich das Urheberrecht an seinen eigenen Aufnahmen. Das bedeutet, dass nur er entscheiden kann, wie, wo und in welcher Form die Bilder verwendet werden dürfen. Dieses Urheberrecht entsteht automatisch bei der Schaffung des Werkes und kann nur in Ausnahmefällen an Dritte übertragen werden. Ohne eine ausdrückliche Einwilligung des Fotografen darf das Model die Bilder daher nicht ohne Weiteres verwenden oder verändern (wird auch Lizenzierung genannt).
2. Das Persönlichkeitsrecht des Models: Während das Urheberrecht beim Fotografen liegt, besitzt das Model ein Persönlichkeitsrecht am eigenen Bild. Dies bedeutet, dass der Fotograf die Bilder nicht ohne die Zustimmung des Models veröffentlichen darf. Im Falle einer Vereinbarung für eine freie Zusammenarbeit – oft auch als „Time for Prints“ oder „TfP“ bezeichnet – werden häufig Regelungen zur Nutzung von Bildern getroffen. Das Persönlichkeitsrecht erlaubt es dem Model jedoch nicht, die Bilder eigenständig zu nutzen oder zu bearbeiten, wenn dies nicht ausdrücklich vertraglich geregelt wurde.
Die Bedeutung von Verträgen, auch bei TfP-Shootings
In der TfP-Fotografie erfolgt die Zusammenarbeit oft auf Basis eines gegenseitigen Austauschs: Der Fotograf und das Model arbeiten ohne direkte Bezahlung zusammen, und beide Parteien dürfen die Bilder für ihre Portfolios nutzen. Damit beide Seiten wissen, was erlaubt ist, ist ein Vertrag wichtig. Ein TfP-Vertrag regelt im Idealfall folgende Punkte:
- Nutzungsrechte und Bearbeitungsrechte: Legt fest, wer das Recht hat, die Bilder zu nutzen und zu verändern.
- Veröffentlichungsrechte: Regelt, wer die Bilder in sozialen Medien, auf Webseiten oder in Printmedien veröffentlichen darf.
- Dauer und Reichweite der Nutzung: Bestimmt, ob das Nutzungsrecht zeitlich begrenzt ist und ob es sich um eine private oder kommerzielle Nutzung handelt.
Ein solcher Vertrag hilft, Missverständnisse zu vermeiden, und bietet sowohl dem Fotografen als auch dem Model eine rechtliche Absicherung. Fehlt ein Vertrag, kann es schnell zu Konflikten kommen, wie im beschriebenen Beispiel.
4 Tipps für Fotografen: Wie kann man mit dieser Situation umgehen?
Wie kann ein Fotograf reagieren, wenn ein Model seine Fotos ohne Genehmigung nutzt und bearbeitet? Hier sind vier Tipps:
1. Gespräch suchen und aufklären
Ein freundliches Gespräch kann oft Wunder wirken. Häufig sind sich Models über die rechtliche Lage nicht im Klaren und wissen nicht, dass sie das Bildmaterial nicht ohne Erlaubnis nutzen dürfen. Ein ruhiger, sachlicher Austausch kann helfen, Missverständnisse aufzuklären und Lösungen zu finden.
2. Nutzungsbedingungen im Voraus festlegen
Bereits vor dem Shooting sollte klar definiert werden, wie die Bilder verwendet werden dürfen. Selbst bei einem informellen TfP-Shooting ist es sinnvoll, schriftlich festzuhalten, welche Rechte jede Partei hat. Das schafft Transparenz und bindet beide Parteien an die Abmachungen.
3. Rechtliche Schritte abwägen
Wenn das Model trotz Aufklärung die Bilder weiter ohne Genehmigung nutzt, kann der Fotograf rechtliche Schritte in Erwägung ziehen. Dies könnte von einer schriftlichen Abmahnung bis hin zur Einleitung eines Verfahrens reichen. Dabei ist eine rechtliche Beratung ratsam, um die eigenen Rechte und mögliche Schritte zu verstehen.
4. Bilder mit Wasserzeichen versehen
Ein präventiver Ansatz besteht darin, Bilder mit einem dezenten Wasserzeichen zu versehen, bevor sie an das Model weitergegeben werden. Dies erschwert eine unerlaubte Nutzung und Bearbeitung und erinnert daran, dass die Bilder dem Fotografen gehören.
5. Portfolio nur mit ausgewählten Bildern erstellen
Fotografen sollten darauf achten, nicht alle unbearbeiteten oder „Work-in-Progress“-Bilder an Models weiterzugeben. Durch die Auswahl der finalen, bearbeiteten Bilder behält der Fotograf mehr Kontrolle darüber, welche Versionen im Umlauf sind.
Fazit
Auch wenn ein Model das Persönlichkeitsrecht an einem Bild innehat, bedeutet dies nicht automatisch, dass es das Bild ohne Zustimmung des Fotografen bearbeiten oder veröffentlichen darf. Der Fotograf als Urheber hat in Deutschland das alleinige Recht, über die Nutzung seiner Werke zu entscheiden. Eine klare Vereinbarung im Vorfeld, idealerweise in Form eines schriftlichen TfP-Vertrags, schützt beide Seiten vor rechtlichen Unklarheiten und möglichen Konflikten.
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